Gedenkstätte und Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus, Ingolstadt Luitpoldpark
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1998
Foto: Rolf Sturm

Gedenkstätte und Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus

[6] "Der Umgang mit dem historischen Ehrenmal war zweifellos der schwierigste Part. In Dagmar Pachtners Entwurf fügen sich Respekt vor dem Überlieferten und konzeptionell freier Eingriff zu einer neuen Sichtweise auf die Geschichte. Keine Gruft-Situation mit Einblicken, die erschauern lassen; kein demonstratives Demolieren, Verfremden oder Abräumen; keine spielerische oder ironisierende Neukonstellation. Stattdessen die chronologische Reihung auf einer imaginären Linie durch Zeit und Raum, speziell durch diejenigen Etappen, die durch den Nationalsozialismus auch ihre Prägung als Vor- und Nachgeschichte erhalten haben. Die Zeugnisse historischer Gedenk-Kultur können nun auch analytisch betrachtet werden. Aufgelöst sind die weihevollen Arrangements und Symmetrien, die das zeremonielle Schreiten bewirkten, und die Sockel und Podeste, die das Denkmal zum erhabenen Monument und die Betrachtung zur affirmativen Identifikation werden ließen. Der Ritualweg verwandelt sich in einen Reflexionsweg. Die Kuben-, Stufen- und Sockelsteine werden zu einer neuen Mauer gefügt, nicht zu einer symbolhaften Klagemauer oder einer dramatischen Gedenkwand, sondern zu einer Sitzmauer, die den Blick zuerst auf die Stelen für die NS-Opfer und dann auf das Gesamtensemble lenkt und zum Nachdenken anregt."

Stefanie Endlich. Das dialogische Prinzip, Anmerkungen zum Entwurf von Dagmar Pachtner. In der Dokumentation zur Gedenkstätte. 1999, S. 12