[3] "Kreim: Das neugeschaffene Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus besteht aus blauen Stelen. Beim Näherkommen leuchtet durch ein Blitzlicht die Fotografie eines exemplarischen Opfers aus Ingolstadt auf. Warum eine so technische Lösung für dieses Gedenken?
Pachtner: Wir erleben am Ende des 20. Jahrhunderts eine Flut technischer Neuerungen in allen Lebensbereichen. Damit sind solche technischen Elemente für mich selbstverständlich auch für die Kunst verfügbar.
Wichtig an den blauen Stelen ist: Sie haben Menschengröße. Sie stehen jeweils für einen Menschen, der in der Zeit des Nationalsozialismus in Ingolstadt verfolgt wurde, der im KZ oder anderswo zu Tode gekommen ist.
Über 50 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus muss für mich ein solches Mahnmal einen Bezug zu dem Ort haben, an dem es steht. Da es sich bei dieser Stelle im Luitpoldpark um keinen authentischen historischen Schauplatz handelt, wird der Bezug zu dem Ort, also zu Ingolstadt, über Personen hergestellt, denen man vor etwa 60 Jahren in Ingolstadt hätte begegnen können. Und die einen so hätten anblicken können, wie sie es jetzt auf diesen Fotos tun. Es gibt also ein Vis-a-vis, durch das eine Auseinandersetzung mit der Unvorstellbarkeit des Massenmordens anhand konkreter Personen ausgelöst werden kann.
Warum das Blitzlicht?
Zunächst sind die Stelen unbeleuchtet. Nur wenn jemand durch sein Näherkommen Bereitschaft zur Auseinandersetzung zeigt, wird das Blitzlicht ausgelöst und das Gesicht eines Opfers für kurze Zeit beleuchtet: Für einen kurzen Moment leuchtet diese Person wieder auf und kann beim Betrachter blitzlichtartig eine subjektive Erkenntnis auslösen."
Ausschnitt aus "Dagmar Pachtner im Gespräch mit Isabella Kreim". In der Dokumentation zur Gedenkstätte. 1999, S. 20f.