"Überschreitung"
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Installation Heilig Geist Kirche Landshut
Videoinstallation im Vorraum: 2 Fernsehgeräte, Sessel, Tapete
2002
Foto: Rolf Sturm

Überschreitung

[5] "Nach Aufgabe der erhöhten Sonderstellung im Kirchenraum fordert nun in einem zweiten Anlauf die Schwelle des Hauptportales zu weiteren Überschreitungen auf. Dieser abgetrennte, gewissermaßen inszenierte 'Privatraum' unter der Westempore bietet technische Bilder an. Die Konzeption des Ortes deutet das private Rückzugsareal der Erlebnisgesellschaft an, ein Ort, an dem gewohnte und eingeübte Verhaltensweisen der Reizüberflutung des medial mündigen Bürgers ihre Wirkung ausüben und wo das Private und Öffentliche für die Wahrnehmung unmerklich ineinander geblendet werden. Das von der Künstlerin eingeschaltete Programm ist indes kein Weltsender, sondern der eigene Lokalsender, ein Format, das im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts dynamische Verbreitung erfuhr: Die komplementäre Videokonserve zur Installation Überschreitung D. P. nutzt die Erfahrungswelt der heutigen Hobby-Bildermacher. Da beide Teilräume der Hallenkirche optisch voneinander abgetrennt, akustisch aber miteinander verbunden sind, drängt sich sozusagen fast der Eindruck eines zeitgemäß aktualisierten Höhlengleichnisses auf, wobei aus den Schattenbildern in der platonischen Höhle die technischen Bilder unserer Gegenwart geworden sind. In dieser offenen Gesellschaft, deren Selbst- und Weltverständnis als Risiko-, Erlebnis-, Verantwortungs- oder Inszenierungsgesellschaft beschrieben wurde, werden unablässig vorgeordnete Grenzüberschreitungen von einer Fülle – mit den Worten der Gehlen'schen Anthropologie zu reden – individueller Mängelwesen vollzogen."

Franz Niehoff. Brücken – und Grenzen. Zur Installation "Überschreitung" von Dagmar Pachtner in Heiliggeist zu Landshut, im Katalog zur Ausstellung, S. 31